Lenkung von Dreirädern

Autor: Dipl.- Ing. W. Stiffel  Im Holderbusch 7 76228 Karlsruhe Tel. 0721-451511

Ein Rad vorn:
Hier hat man einen normalen Steuerkopf und schlägt das Rad über Seile oder ein Gestänge ein.

2 Räder vorn:
Drehschemellenkung:

kennt jeder von zweiachsigen Handwagen, leicht zu bauen, die ganze Achse wird um einen Drehpunkt in der Mitte geschwenkt, Nachteil: schlechtere Kippsicherheit, Schlaglöcher usw. wirken sich stark auf die Lenkung aus. Wenn die Lenkachse etwas nach vorn geneigt wird, ergibt sich ein leichter Kurvenneiger-Effekt.

Achsschenkellenkung


vom Auto her bekannt, die Vorderachse (die es als regelrechte Achse bei manchen Konstruktionen gar nicht mehr gibt), ist durch die folgenden Werte gekennzeichnet:

Kennzeichnende Größen gelenkter Vorderräder: Spurweite, Sturz, Nachlauf, Vorspur, Lenkrollradius, ...

Spurweite B, der Abstand der beiden Berührungspunkte zwischen Rädern und Boden (genauer, der Mittelpunkte der Berührungsflächen)

Sturz  S, die Neigung der Räder  gegenüber der Senkrechten auf die Fahrbahn. nach außen. Der Sturz soll das Flattern der Räder bei hohen Geschwindigkeiten vermindern und den Lenkkrollradius (s. unten) verkleinern. Bei HPVs halte ich wegen Rollwiderstand und Reifenverschleiss positiven Sturz für nicht zweckmäßig. Negativer Sturz  erhöht wahrscheinlich auch den Rollwiderstand, verringert aber die Beanspruchung der Laufräder und erhöht die Kippsicherheit.

Nachlauf N,  wie beim Einspurer auch, trifft die Drehachse den Boden vor dem Berührungspunkt des Rads, dies wird durch Schrägstellen der Drehachse und/oder die Anordnung der Radachse hinter der Drehachse erreicht (z. B. Leitra)

Vorspur X, bei den meisten Autos ist von oben gesehen der Abstand zwischen den Reifen vorn kleiner als hinten, die Differenz nennt man Vorspur, sie soll vor allem den destabilisierenden Einfluß von Lagerspiel ausgleichen sie sollte bei HPVs wegen Rollwiderstand und Reifenverschleiß unbedingt Null sein (sehr genau messen, es kommt auf mm an)

Lenkrollradius L, von vorn betrachtet der Abstand zwischen Reifenaufstandspunkt und Durchstoßpunkt der Drehachse durch den Boden, je kleiner L ist, um so weniger wird die Lenkung von Bodenunebenheiten und einseitigem Ziehen der Bremsen beeinflußt
Spreizung  G , um den Lenkrollradius klein oder Null zu halten, wird die Drehachse gegenüber der Radebene nach innen gekippt,  der entstehende Winkel ist die Spreizung, Das Greenspeed erreicht Lenkkrollradius Null  z. B. mit 14 ,5 Grad Spreizung. Die Spreizung bewirkt auch, daß das Fahrzeuggewicht die Lenkung nach der Kurve wieder in die Geradeausstellung bringt., erhöht aber die Lenkkräfte.

Eine andere Möglichkeit, den Lenkrollradius Null zu erhalten, besteht darin, die Schwenkachse des Rads, d. h. den Achsschenkel in die Radebene selbst zu verlegen. Dies ergibt günstige Lenkeigenschaften, verlangt aber eine spezielle Nabe (beim OLF der Uni Oldenburg verwirklicht)


Manche Leute speichen auch die Räder etwas nach innen ein, gibt außerdem verringerte Speichen beanspruchung. in Kurven

Lenkgeometrie

Bei einem mehrspurigen Fahrzeug müssen sich theoretisch bei jedem Fahrzustand die Achsen aller Räder in einem Punkt treffen. (Ackermannbedingung)

Selbst wenn bei einem HPV im Stand diese Bedingung erfüllt ist, bedeutet dies noch nicht, daß auch im Fahren  noch "alles stimmt" Verformungen durch Fliehkräfte und Fahrbahnstöße verändern bei den leicht gebauten Fahrzeugen leicht die Geometrie.

Beim Auto wurde auch schon eine Auslegung auf maximale Querbeschleunigung vorgeschlagen, dadurch sollen kurveninneres und kurvenäußeres Rad etwa gleichzeitig die Haftgrenze erreichen. Nach einer anderen Theorie sollen die Schräglaufwinkel an beiden Rädern gleich sein. Bei Nutzfahrzeugen mit oft großen Lenkeinschlägen wird z. T. ein minimaler Reifenverschleiß dadurch angestrebt, daß beim Einschlag die Seitenreibleistung, d. h. das Produkt aus Seitenführungskraft und Geschwindigkeitskomponente senkrecht zum Reifen  für beide Räder gleich ist. Zu beachten ist auch, das vom Fahrer aufzubringende Lenkmoment nicht negativ werden kann ("Zuschnappen" der Lenkung)
Wenn dieses Lenkmoment beim Lenkeinschlag zu wenig ansteigt, wird die Lenkung als zu "giftig" empfunden diese Gefahr besteht bei HPVs weniger, im anderen Fall wirkt die Lenkung schwer gängig. Dreiradeinsteiger kommen mit einem Dreirad meist um so besser zurecht, je indirekter die Lenkung ist.

Bei einem gelenkten Rad ist die Ackermannbedingung automatisch eingehalten, bei zwei gelenkten Rädern muß das kurveninnere Rad jeweils stärker einschlagen. Dies wird meist durch das sogenannte Lenktrapez , bestehend aus Achse, Spurstange und Lenkhebeln), erreicht. Die Lenkhebel stehen um einen bestimmten Winkel schräg nach innen.


Für die Ermittlung dieses Winkels gibt es mehrere Möglichkeiten. Ein Näherungsverfahren arbeitet grafisch.
Die Verlängerung der Lenkhebel verläuft durch den Radaufstandspunkt des dritten Rads.

Die PC-gestützte Auslegung von Dreiradlenkungen ist von W. Möllenbruck in "Pro Velo" Heft 28 beschrieben, Herr Möllenbruck, große Linsachstr. 17, 74219 Möckmühl, stellt gegen eine Unkostenpauschale von DM 20.- auch die Listings seiner Programme zur Verfügung. er ermittelt nicht direkt den Winkel  , sondern das Verhältnis von F : Bi. Bi ist der Abstand der Durchstoßpunkte der Rad-Drehachsen durch den Boden. Für mein 3R4 hat er mir ein Verhältnis von  F :.Bi von 0,893 ermittelt.
Der Tricanter von der Uni Canterbury in Neuseeland fährt z. B. Nachlauf 40mm, Vorspur 0 und Lenkrollradius 40mm.

Eine andere Möglichkeit der Lenkungskonstruktion hat Peter Ross für sein Trice gewählt. hier sind nicht die Lenkhebel, sondern die Spur stangen schräg gestellt. Der Doppel hebel A wird über einen unter dem Sitz liegenden Lenker betätigt.
 

Wenn man die Lenkung mit seitlichen Lenkhebeln betätigen will, ist ein Lenkdreieck günstig, wie  es . z. B. in der Leitra verwendet wird

Wieder eine andere Variante hat die Fa. AnthroTech  und Ian Sims aus Australien bei seinem Dreirad "Greenspeed" gewählt. Hier zeigen die Lenkhebel nach vorn und die Spurstangen sind gekreuzt.

Wenn die Spurstangen von oben gesehen schräg stehen, beeinflußt das die Radstellung beim Einschlag. Wenn die Spurstangen von vorn gesehen schräg stehen, sind für eine Berechnung nur die Projektionen auf die Waagrechte einzusetzen.

Um die Einstellung der Lenkung zu kontrollieren, kann man folgendes machen:

  • man schlägt die Lenkung etwa halb ein, pumpt das äußere Rad sehr hart auf, legt ein Blatt Papier darunter, belastet das kurveninnere Rad stark und
  • rollt das Fahrzeug ein Stück, ohne den Lenkeinschlag zu verändern. Wenn die Lenkgeometrie nicht stimmt, wird das Papier beim Rollen etwas verschoben. Das wiederholt man dann bei voll eingeschlagener Lenkung (Idee von Gerhard John).
  • man löst eine Schraube an einem Lenkhebel und beobachtet, ob die beiden Bohrungen in Lenkhebel und Spurstange beim Kurvenfahren übereinstimmend bleiben (hat sich Christoph Kieser ausgedacht)

Die Betätigung der Lenkung ist auf folgende Weise möglich:

  • seitliche Lenkhebel (z. B. Leitra)
  • unter dem Sitz liegender Lenker (z. B. Trice)
  • schwenkbarer Steuerknüppel (z. B. Windcheetah)
  • direkt an der Radaufhängung angebrachte Griffe
  • Drehgriffe (habe ich mal bei einem Russen gesehen)
  • Schwenkgriffe( z. B. bei Handantrieb)


Die ersten 3 Möglichkeiten habe ich bei verschiedenen Dreirädern verwirklicht. Der Steuerknüppel ergibt die kleinste Stirnfläche, der Lenker ist am leichtesten zu bauen und die Lenkhebel ermöglichen die kleinsten Lenkkräfte und bedeuten bei einem Aufprall wahrscheinlich die geringste Verletzungsgefahr.

Anmerkungen
Unter dem Sitz liegende Lenker müssen beim Dreirad samt Lagerung sehr stabil ausgeführt sein. weil man sich in Kurven immer wieder instinktiv darauf abstützt.
Bei 2 Rädern auf einer Achse mit etwa zwei Dritteln des Gesamtgewichts als Achslast verlagert sich bei scharfer Kurvenfahrt die ganze Achslast auf das kurvenäußere Rad. Dieses muß dann den größten Teil der Fliehkraft aufnehmen und läuft dann mit großem Schräglaufwinkel (Winkel zwischen der Radebene und der Fahrtrichtung dieses Rads). Dies führt dazu, daß bei Fahren im Grenzbereich das ""Räder vorn Dreirad" zum Untersteuern neigt, d. h. das Fahrzeug fährt einen größeren Kurvenradius, als es dem Lenkeinschlag entspricht. Das "2 Räder hinten Dreirad" dagegen neigt in diesem Fall zum Übersteuern, im Extremfall zum "hinten herum kommen"
Als Gabel eignet sich besonders die Querkräfte gut aufnehmende BMX - Gabel.

Für die Aufhängung der Räder selbst gibt es folgende Möglichkeiten:

            Gabelachse,   Faustachse,   Turmachse

Die letztere ermöglicht die Verwendung normaler Fahrradsteuersätze für die Achschenkellagerung. Dies ergibt wegen der geringen Reibung eine leichtgängige Lenkung.

Weitere Informationen (Externer Link, Autor ist Peter Eland): http://www.eland.org.uk/steering.html